Die Natur und die Stadt

Die Natur und die Stadt

Schamanismus-Wissenschaft. Zwei Perspektiven auf die Natur

Episode 35 (Staffel 2): Glühwürmchen - oder wie man die Artenvielfalt am Waldrand fördert. Mit Philipp Egloff, dem Co-Abteilungsleiter Forst der Burgergemeinde Bern, am Gurten bei Kehrsatz. Start: 28.11.2024

Schamanismus-Wissenschaft. Zwei Perspektiven auf die Natur

Wann genau Menschen schamanische Rituale zu praktizieren begannen, ist unklar. Entsprechend gross ist der Entstehungszeitraum bemessen - zwischen 40.000 - 10.000 Jahren v. Chr.. Es scheint jedoch nachgewiesen zu sein, dass der Schamanismus seinen Ursprung in der sibirischen Region hatte und sich von dort weithin verbreitete, z.B. nach Asien, nach Amerika, nach Europa usw. Die Praktiken ähneln sich, die Vorstellungen von einer Ober- und Unterwelt oder von Naturgeistern ebenfalls. Der Schamanismus wurde jedoch überall auf der Welt durch neue religiöse Konzepte bedrängt und im Westen hat ihm mit der Aufklärung wissenschaftliches Denken den Rang abgelaufen. Im Zug dieser Umwälzungen kam der Schamanismus gar in Verruf, altmodisch und abergläubisch zu sein. Heute entdeckt man im Rahmen von Ökophilosophien und konkret auch für die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen durch indigene Völker deren schamanische Praktiken neu. - Meine Kollegin, die Podcasterin und Autorin Madlen Ziege kann mit beiden Perspektiven auf die Natur etwas anfangen. Als promovierte Evolutionsbiologin spielt sie kompetent auf der wissenschaftlichen Klaviatur. Doch sie ist auch eine schamanisch Praktizierende und kann deshalb beide Perspektiven für ihre Liebe zur Natur verbinden. Ein super spannendes Gespräch, das sich zwischen zwei Welten bewegt, und Lust macht, den Schamanismus besser kennenzulernen.

Biotop - Hotspot der Artenvielfalt im und am Wasser

In dieser Episode geht es darum, wie man mit künstlich angelegten Feuchtbiotopen gezielt Arten fördern kann. Das rund 30 Jahre alte Gebiet mit zwei Biotopen, nahe einer Autobahnkreuzung und oberhalb der Aare in Muri, und das umliegende Areal mit vielen unterschiedlichen Kleinstrukturen haben über die Jahre Pflanzen, Vögel, Amphibien oder Repitilien angelockt. An einem kühlen  Morgen im Mai stehe ich mit dem pensionierten Landschaftsgärtner Martin Müller vor einem von zwei Biotopen, das er aufgebaut und wesentlich geprägt hat und heute noch betreut. Engagiert erzählt er von diesen Lebensraum und wie in der Vergangenheit ähnliche Biotope im nahen Siedlungsgebiet zerstört wurden. Martin Müller ist Teil des Natur- und Vogelschutzvereins Muri-Gümgligen-Rüfenacht MuGüRü, der schon seit rund 60 Jahren mit verschiedenen Aktivitäten zum Artenschutz in der Region beiträgt. Das Biotop ist ein Vorbild, will sensibilisieren und Mut machen, ähnliches auch anderswo zu versuchen. So geht man dabei am besten vor...

Die Sense in der Stadt

Ich gehöre einer Generation an, die in den Ferien Bauern und Bäuerinnen noch beim Mähen mit der Sense und dem Heuen mit dem Rechen zusehen konnte. Einmal drückte mir ein Landwirt seine Sense in die Hand, führte mich kurz ein und überliess mich dann mir selbst… Als mich Alfred Wittwer kontaktierte und er mir davon erzählte, dass er im Seeland einen Kurs gibt zum Sensenmähen, wohlgemerkt nicht für die weiten Felder, sondern in städtischen Gärten, war ich etwas erstaunt. Ist das Nostalgie? Oder einfach ein wenig verrückt? Im Gespräch mit dem Umweltnaturwissenschaftler wurde bald klar, dass er viele gute Gründe für die Sense in der Stadt hat. - Im Frühjahr, als die ersten Rasenmäher in den Bieler Gärten aufzuheulen begannen, demonstrierte er auf wenigen Quadratmetern, wie man richtig mit der Sense mäht, wie man sie behandelt und unterhält. - Das Gespräch mit Alfred Wittwer handelt von den Vorteilen einer Tätigkeit mit Tradition, die am Ende der Biodiversität in der Stadt und nicht zuletzt auch der Fitness des Mähenden zugute kommt.

Ernährung ist der Schlüssel (zu vielem)

Eine gute Ernährung ist neben Schlaf und Bewegung nicht nur der Schlüssel zu unserer Gesundheit. Jede/r Einzelne hat mit seinen/ihren Kaufentscheiden Einfluss auf eine mehr oder minder nachhaltige Landwirtschaft und gesunde Umwelt. Im Moment läuft in dieser Hinsicht vieles schief in der Schweiz. Die industrielle Fleischproduktion versorgt die Bevölkerung nicht nur mit Fleisch aus zumeist unnachhaltiger Tierhaltung. Es wird auch zu viel davon produziert, was Auswirkungen auf die Menge von Mist und Gülle hat, die auf Feldern, Wäldern, in Gewässern und schliesslich im Trinkwasser landet. Auf vielen Landwirtschaftsflächen werden heute Futtermittel für die Viehzucht anstatt Gemüse, Hülsenfrüchte oder Getreide für die Bevölkerung angebaut. Ausserdem importieren wir zusätzliches Kraftfutter und sind auch deshalb zu 50 Prozent vom Ausland abhängig. - In dieser Episode unterhalte ich mich mit einer besonderen Frau. Franziska Herren steckte hinter der Trinkwasser-Initiative. Und obwohl diese vom Volk vor einigen Jahren abgelehnt wurde, lanciert sie nun eine Initiative für eine sichere Ernährung. In Solothurn, nahe der Aare, spreche ich mit ihr über ihren Steilpass an Politik und Bevölkerung.

Allschwiler Wald - wie die Ansprüche balancieren

Während der Corona-Zeit wurde der Allschwiler Wald nahe der Grenze zum Stadtkanton Basel förmlich mit Besuchern und Besucherinnen überschwemmt. Man könnte dies einen Stresstest nennen. Doch auch sonst gibt es eine stattliche Zahl von Anspruchsgruppen, die den Wald für verschiedene Aktivitäten nutzen: die SpaziergängerInnen, die HündelerInnen, die JoggerInnen, die BikerInnen, die ReiterInnen, Kinder verschiedener Altersgruppen, die Familien… Dass es da Nutzungskonflikte geben kann, liegt auf der Hand. Ich möchte hier aber deutlich sagen, dass es eine weitere Reibungsfläche gibt. Es muss noch mehr um die Bedürfnisse des Waldes selbst und seine Lebensgemeinschaften aus Pflanzen und Tieren gehen, wenn ihnen so viele Menschen zu Leibe rücken. Wie man die vielen Ansprüche balanciert, darüber sprechen in dieser Folge der Revierförster Markus Lack aus Binningen und die Rangerin Florine Leuthardt aus Allschwil. Denn die beiden Baselbieter Gemeinden unterstützen hier (auch materiell) die Erholung-Suchenden des Stadtkantons Basel.

Tigermücke - kein willkommener Neuling in den Städten

Die asiatische Tigermücke ist eine hübsche kleine Stechmücke, die aus Asien u.a. in alten Pneus nach Europa gelangt ist. Diese sogenannte Neozoe ist kein willkommener Neuling. Sie ist eine äusserst wirkungsvolle Überträgerin von Krankheitserregern, indem sie von Mensch zu Mensch fliegt und Blut saugt. Sie liebt es, sich in Städten zu bewegen, denn als ehemalige Höhlenbrüterin mag sie kleine Wasserstellen, wie sie beispielsweise in Freizeitgärten, privaten Gärten oder Balkonen vorhanden sind. Zum Beispiel in Untersetzern, Dohlen, oder Wassertonnen. - Das Schweizerische Tropen- und Public Health Institut Swiss TPH und die Kantone beobachten die Situation genau und haben den Kampf aufgenommen, um die sich schnell ausbreitende Tigermücke zumindest in Schach zu halten. Es ist wichtig, dass dabei möglichst viele Stadtbewohner*innen mithelfen. In dieser Episode erzählt uns der wisschenschaftliche Mitarbeiter des TPH, Martin Gschwind, was diese Mücke von andern unterscheidet, wie man präventiv tätig werden kann und dass es, wie stets wenn etwas Neues auftraucht, auch Kontroversen darum gibt. Ich hoffe, Sie haben etwas Zeit, diesen unwillkommenen Neuling kennenzulernen.

Die Pflanzenwelt im Wandel

Die Schweiz ist besonders, was ihre Lebensräume für Pflanzen anbetrifft. Die Lebensräume sind so vielfältig wie die Landesteile: der Norden mit seinem Mittelland, mit Seen und Flüssen, der Süden mit seinem mediterranen Klima und natürlich die Alpenkette mit Berg, Schnee und Gletscher. In diesen grösseren Regionen, gibt es viel kleinere Einheiten und in ihnen allen leben Pflanzen, die genau diese Umgebungen lieben. Nun ist durch den Temperaturanstieg, durch Zersiedelung und intensive Landwirtschaft Bewegung in die Pflanzenwelt gekommen. Diese Faktoren haben einen beschleunigten Wandel zur Folge, der die Flora zumeist überfordert. In den Bergkantonen wie im Wallis oder im Graubünden ist der Druck sogar noch stärker, weil dort die Wetterextreme noch mehr ins Gewicht fallen. - Ich habe mit der Botanikerin Sonja Hassold darüber gesprochen, was dieser Wandel bedeutet und wie wir als StadtbewohnerInnen dagegen halten können. Sonja Hassold ist auch die Mitbegründerin der Firma Botanik Exkursionen, die sich an Normalsterbliche ohne viel Botanikwissen richtet. Darum haben wir uns auch darüber unterhalten, was es braucht, dass sich noch mehr Leute für die Natur einsetzen.

Flachs und Leinen - ein Material mit speziellen Qualitäten

Flachs ist eine einjährige krautige Pflanze mit einer Höhe von 60 bis 100 cm. Die wenigen Flachsfelder in der Schweiz blühen im Juni mit feinen himmelblauen Blüten. Sie produzieren entweder Leinsamen, Leinöl oder die Pflanzenfaser, aus der Leinen gesponnen werden kann. In unseren Breitengraden haben der Flachs und der Leinen eine Jahrhunderte alte Geschichte, in anderen Regionen ist sie sogar Jahrtausende alt. Doch Leinen als Material für Kleidung, Bettwäsche oder als Säcke für die Aufbewahrung von Nahrungsmitteln wurde fast verdrängt, u.a. durch Baumwolle. Die Mode (und zukünftige Hitzesommer) bringen dieses Textil verstärkt zurück, denn Leinen hat spezielle Qualitäten. - Lilli Krakenberger, die sich beruflich mit Textilien beschäftigt, sammelte über Jahrzehnte teilweise sehr altes Leinen in unterschiedlichsten Verarbeitungsformen. Sie erzählt in dieser Episode nicht nur davon, welche „Superpower“ Leinen besitzt, was seine kulturhistorischen Wurzeln sind, sondern auch mit welchem Respekt und welcher Freude sie sich ihm nähert. Wir alle müssten aufmerksamer werden dafür, welche Textilien wir an unsere Körper „ranlassen“ - und welche nicht.

Der Vogel der Liebe und des Friedens: Tauben in der Stadt

Meine Mutter wusste in meiner Kindheit ein italienisches Lied zu singen, das davon handelte, dass eine sehnsüchtig Liebende eine weisse Taube mit einer Botschaft zu ihrem Geliebten schickt. In einem Winkel meines Hirns wusste ich also, dass die Taube der Vogel der Liebe war. Die Beziehung zwischen Taube und Mensch reicht weit zurück, vor die griechische Antike und die Verbindung von Taube mit Aphrodite. In der Stadt, in der ich meine Jugend verbrachte, in Basel, wurde die Taube einige Jahrtausende später als Problem wahrgenommen. Dem Wachstum der Population versuchte man damals mit der Anti-Babypille zu begegnen… Hat nicht funktioniert, wie ich von Stefan Greif, meinem Gesprächspartner für diese Episode erfahre. Der Projektleiter für Artenvielfalt bei Birdlife Schweiz weiss viel zu erzählen: über die unterschiedlichen Taubenarten, zum aktuellen Stand des Wissens, wie man Taubenpopulationen begrenzen kann, wie sich die BewohnerInnen ihnen gegenüber verhalten sollten und welche kulturhistorische Bedeutung diese Tiere haben. Er weiss sogar zu berichten, dass die exzellenten Fähigkeiten der Tauben nicht nur für das Überbringen von Botschaften, sondern selbst in der Kriegsführung genutzt wurden… verrückt, nicht?

Die Bäume sind Migranten

Peter Brang war u.a. der Spezialist für den Wald im Klimawandel am ETH-Institut für Wald, Landschaft und Schnee WSL. Leider ist er letztes Jahr überraschend gestorben. Im Frühling 2022 konnte ich mit ihm noch ein Gespräch führen, ein gemeinsamer Waldbesuch fand leider nicht mehr statt. Ich bin sehr dankbar für dieses Interview, denn Peter Brang spricht über die grossen Linien: Der Wandel ist nicht nur eine biologische Konstante der Natur. Es gab auch Ereignisse, durch die Arten bereits vor dem Homo Sapiens ausgelöscht wurden. Aber die Menschheit hat nun einen beschleunigten Klimawandel ausgelöst, den viele Baumarten überfordert. Vor allem für die Wälder mit Schutzfunktion muss nun langfristig gedacht werden. Wälder im Mittelland haben etwas anders gelagerte Probleme. Doch grundsätzlich ist zu sagen, dass die Wälder nicht nur, aber auch in der Schweiz seit Jahrhunderten von der Wald- und Holznutzung übergeprägt wurden. Peter Brang war bescheiden genug anzufügen, dass wir erst in vielen Jahren sehen werden, ob wir den Wald mit den richtigen Massnahmen gegen die Folgen des Klimawandels unterstützt haben.