Über Wildnis (auch in der Stadt) schreiben
Ziemlich zu Beginn des Gesprächs mit dem Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Jan Röhnert, erzählt er von Novalis, dem grossen Deutschen Romantiker, der das Bild der blauen Blume und die Sehnsucht danach entscheidend geprägt hat. Was ich nicht wusste, war,
dass Novalis u.a. in Leipzig lebte und dass er einem „naturwissenschaftlichen Job“ nachging.
Er trug zur Erschließung der dortigen Braunkohlelagerstätten bei und damit auch dazu, dass sich die Landschaft um Leipzig durch den Kohleabbau auf immer veränderte. Sie wurde schliesslich geflutet, zu einer Seenlandschaft, oder anders ausgedrückt, zu einer Bergbaufolgelandschaft. Auch Jan Röhnert lebt in Leipzig. Er reist mit uns in seinem neuen Buch „Wildnisarbeit. Schreiben, Tun und Nature Writing“ gen Leipzig und in das Herz der Stadt hinein. Hier wird er Zeuge, wie dort ein kleines Stück Wildnis in der Stadt, die Leuschner Brache mehr oder minder verschwindet. Doch wie es der Titel des Buches sagt, beschäftigt sich Jan Röhnert nicht nur mit Brachen und Landschaften, sondern auch damit, was „Nature Writing“ überhaupt ist. Kurz gesagt: Für Jan Röhnert ist dieses Genre, das Schreiben über, mit und durch die Natur, ein literarisches-poetisches-politisches und vor allem auch ein ökologisches Projekt. Denn anders als zu Novalis’ Zeiten ist der Artenschwund und das Verschwinden ganzer Landschaften heute im Echtzeit erlebbar.